Schon geht es wieder in den Endspurt bei der Skeptiker-Konferenz, der 24. Skepkon….heute stehen die Themenbereiche Kulturwissenschaften, Philosophie/Skeptizismus, Pseudowissenschaften im Management und die Psychologie des Glaubens auf dem Programm…
Eröffnet wurde der Vortragsreigen von Lydia Benecke: Teufelswerk oder Hexenjagd? Satanistenmorde und ritueller Missbrauch vs. Echtes Leben in der „schwarzen Szene“.
In einem kleinen Auszug aus ihrem eigentlich etwas längerem Vortrag zum Thema nahm sie uns mit auf eine Zeitreise zu den Ursprüngen moderner Vorstellungen von „Satans-Verbrechen“ und zur Entstehung der „Church of Satan“. Begonnen hat dieses „Satans-Phänomen“ sehr wahrscheinlich 1967 mit der Veröffentlichung der Novelle von Ira Levin „Rosemarys Baby“. Der Begründer des modernen Satanismus ist Anton (Howard) Lavey (1930-1997), der eine Religion gründete („Church of Satan“) um einfach seinen eigene Fetisch/BDSM-Vorliebe zu erklären. Einen spannenden Hinweis zeigt Lydia Benecke noch auf, wo sich eine mögliche Verbindung von damals und heute offenbart…
Bei der Gründung seiner „Religion“ sieht man Lavey , der neben sich auf einem Kamin eine nackte Frau liegen hat und eine Peitsche auf sie richtet.
Bild von encyclopediasatanica.wordpress.com
Da er sich auch bei der Adams Family Inspiration suchte, legte er sich gegen später ebenfalls einen Löwen als Haustier zu. Nachdem er ihm nach einiger Zeit zu viel Arbeit machte, verkaufte er diesen Löwen an Tippi Hedren – der Mutter von Melanie Griffith . Diese, also Melanie, ist mit Antonio Banderas verheiratet und diese beiden haben eine gemeinsame Tochter: Dakota Johnson…na klingelt es schon 😉 …sie ist die Hauptdarstellerin aus Fifty Shades of Grey…wo eine Peitsche ebenfalls eine Rolle spielt….da schließt sich der Kreis wieder…so könnte man meinen.
Und sogar bei Rossman konnte man vor einigen Wochen noch folgendes Produkt käuflich erwerben (leider haben sie die original Werbeanzeige aus dem Netz genommen ;-)..)

Nochmal kurz ernsthaft zum Vortrag zurück…Viele Menschen, die behaupten, von einer Satanssekte missbraucht worden zu sein, haben sog. „False memories“. Nähere und sehr interessante Informationen dazu findet ihr auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft falsche Missbrauchserinnerungen unter http://www.false-memory.de.
Mini-Vita der Referentin: Lydia Benecke ist als selbstständige Psychologin mit dem Schwerpunkt forensische Psychologie, abweichende sexuelle Vorlieben, Traumastörungen, abergläubische Überzeugungen und verschiedener Subkulturen (vor allem BDSM-Szene, Schwarze Szene…). Näheres findet sich auch auf ihrer Homepage: www.benecke-psychology.com …und was sie ebenfalls sehr sympathisch macht: sie ist ein Eulenfan ;-)!

Galileos Finger und Einsteins Pantoffeln – ein kulturwissenschaftlicher Blick auf die quasi-religiöse Verehrung von Gelehrten – Dr. Stephanie Dreyfürst
Seit Anbeginn der Menschheit wurden Gegenständen große Bedeutung und Macht zugeschrieben und einige davon gleichsam als heilig verehrt. Was sind denn eigentlich Reliquien? Das Wort Reliquie kommt vom lateinischen „reliquiae“ was soviel bedeutet wie „Zurückgelassenes, Überbleibsel“. Es werden insbesondere Körperteile oder ein Teil des persönlichen Besitzes eines Heiligen als „Reliquie“ bezeichnet. Eine Sonderform sind Berührungsreliquien, also Gegenstände wie Kleidungsstoffe, mit denen der Heilige in Berührung kam oder gekommen sein soll.
Auf Wikipedia findet man dann noch folgende „Klassifizierung“:
- Reliquien erster Klasse sind alle Körperteile von Heiligen, insbesondere aus dem Skelett (ex ossibus, aus den Knochen), aber auch Haare, Fingernägel und, soweit erhalten, sonstige Überreste, in selteneren Fällen auch Blut. Bei Heiligen, deren Körper verbrannt wurden, gilt die Asche als Reliquie erster Klasse.
- Reliquien zweiter Klasse, auch echte Berührungsreliquien genannt, sind Gegenstände, die der Heilige zu seinen Lebzeiten berührt hat, insbesondere Objekte von besonderer biographischer Bedeutung. Dazu gehören etwa bei heiliggesprochenen Priestern und Ordensleuten ihre Gewänder, bei Märtyrern die Foltergeräte und Waffen, durch die sie ums Leben kamen.
- Reliquien dritter Klasse oder mittelbare Berührungsreliquien sind Gegenstände, die Reliquien erster Klasse berührt haben. Solche Objekte, in der Regel kleine Papier- oder Stoffquadrate, die kurz auf die Reliquien gelegt und hinterher auf Heiligenbildchen geklebt werden, werden in vielen katholischen Wallfahrtsorten, besonders in Südeuropa, bis heute als Souvenirs an Pilger verkauft.
Was ist nun der Unterschied zu einem Andenken? Ein Andenken bzw. Souvenir (aus dem französischen souvenir = sich erinnern) ist nun ein Gegenstand, den man als persönliche Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis, einen Ort oder eine Person mitnimmt und aufbewahrt.
Eine sehr bizarre Form der Verehrung finde ich tatsächlich das Playmobil-Männchen von Luther…(zur Zeit sogar ausverkauft!)

Eine eher witzige Form ist der von Stephanie Dreyfürst gefundene „21 Grams“ Dildo, wo sich im Inneren eben 21 Gramm der Asche des geliebten Verstorbenen befinden, „um die intimsten Momente auch weiterhin noch teilen zu können“ (laut Homepage des Herstellers).
Mini-Vita der Referentin: Dr. Stephanie Dreyfürst studierte Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft und leitet heute das Schreibzentrum der Goethe-Universität. Seit 2014 ist sie im Vorstand der GWUP
Klima und globale Erwärmung – was steckt dahinter und worauf müssen wir uns einstellen? – Amardeo Sarma
Aufgrund zwei Referentenausfälle durfte auch der GWUP-Vorsitzende einen interessanten Vortrag halten. Was ist denn Klima überhaupt? Unter Klima versteht man den langfristigen Wetterdurchschnitt und nicht die Entwicklung des aktuellen Wetters.
Was müssen wir tun für die Zukunft:
- Die Folgen minimieren – so wenig CO2 wie möglich noch produzieren
- Und wir müssen uns auf eine wärmere Welt einstellen, d.h. wir müssen uns lernen anzupassen

Mini-Vita des Referenten: Amardeo Sarma ist seit 2008 der Vorsitzende der GWUP. Zum beruflichen Werdegang ist er Dipl. Ing. für Elektrotechnik/Nachrichtentechnik und Fellow des CSI (Commitee for Skeptical Inquiry).
Coaching zwischen Profession und Konfession – Prof. Dr. Uwe Kanning
Fragwürdige Coachig Ansätze
- Horses Sense – „Wer Pferde führen kann, kann Menschen führen“….ah…ja.
- Organisationsaufstellung nach Hellinger Die Ordnung ist das Wichtigste! Das energetische Kraftfeld steuert alle Geschicke…ja neee, is klar…
- Spirituelles Coaching – kommt aus der katholischen Kirche und es lassen sich viele Führungsprinzipien aus christlichen Texten ableiten und sind immer noch gültig (z.B. vom Heiligen Benedikt)
Mini-Vita des Referenten: Prof. Dr. Uwe P. Kanning ist Diplom-Psychologe und Prof. für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück und hat seine Arbeitsschwerpunkte in der Personaldiagnostik und den fragwürdigen Methoden der Personalarbeit.
Seit dem Jahr 2012 erscheint im vierwöchigen Rhythmus auf den Internetseiten des Haufe-Verlags eine Kolumne zu wirtschaftspsychologischen Themen, wo er den verschiedenen Mythen in den Personalabteilungen auf den Grund geht: www.haufe.de/personal/hr-management.
Freak Management – Esoterik in der Unternehmensberatung – Dr. Holm Hümmler
Unternehmensberater wird man, in dem man sich die entsprechenden Visitenkarten druckt…hm, nein, ganz so einfach geht es dann nun doch nicht. Man muss schon noch Beratungen anbieten. Ja, es ist doch nicht so kompliziert Unternehmensberater zu werden und Holm Hümmler führt durch die abstruse Welt mancher Unternehmensberater die mit Feng Schui und Klangschalen oder Biophotonen das Unternehmen von schlechten Energien befreien wollen. Wirklich seriöse Berater findet man auch, aber diese muss man wirklich suchen und auch so manch seriös wirkendes Unternehmen bedient sich dann doch Angebote und Techniken, die eindeutig im esoterischen Bereich beheimatet sind (z.B. Astrologie, Global Scaling oder auch Aufstellungen nach Bert Hellinger sowie Chakren-Stärkung der Mitarbeiter).
Mini-Vita des Referenten: Dr. Holm Gero Hümmler ist Geschäftsführer einer mittelständigen Unternehmensberatung und hat vorher Physik (mit Meteorologie im Nebenfach) und Betriebswirtschaft studiert.
„Die sind doch alle verrückt“ – Esoterik, Glaube und psychische Gesundheit – Dr. Jan Oude-Aost
Was geht in Menschen vor, die sich von irrationalen Gedankensystemen angezogen fühlen? Leiden sie vielleicht unter Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder sind sie gar „schizophren“? Wo verläuft die Grenze zwischen „gesund“ und „krank“.
Was sind denn psychische Erkrankung: Sammelbezeichnung für psychische Veränderungen, die als Krankheit, krankheitswertig oder krankheitsähnlich bezeichnet werden.
Es gibt verschiedene Kriterien für eine psychische Erkrankung (auf das Individuum bezogen):
- Leidensdruck oder Behinderung
- Fehlanpassung
- Irrationalität
- Unberechenbarkeit
- Außergewöhnlichkeit und statistische Seltenheit
- Unbehagen bei Beobachtern
- Verletzung g moralischer und gesellschaftlicher Normen
Eine andere, umfangreiche Definition (zu finden unter http://www.verhaltenswissenschaften.de) charakterisiert psychische Störungen als klinisch bedeutsame Verhaltens- und Erlebensmuster, die durch
- Störungen von psychischen, biologischen oder Verhaltensfunktionen bedingt sind (z.B. eine Störung der Stimmungsregulation (psychische Funktion) wie z.B. bei der Depression) und
- aktuell bei einer Person zu beobachten sind und
- zu Leiden (z.B. Schmerz) oder
- zu Beeinträchtigungen und Freiheitsverlust führen (z.B. der Freiheit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder einem Beruf nachzugehen) oder
- die das stark erhöhte Risiko mit sich bringen, dass die Person Leiden oder Beeinträchtigungen und Freiheitsverlust erfährt.
Das Salutogenese Modell des amerikanisch-israelischen Gesundheitswissenschaftlers Aaron Antonovsky spielt hier auch eine große Rolle:
Das Kohärenzgefühl ist eine allgemeine emotional-kognitive und sozial-emotionale Grundeinstellung des Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben, die sich als mehr oder weniger ausgeprägte Zuversicht ausdrückt, dass „mein Leben in dieser Welt“ sinnvoll, verstehbar und von mir auch handhabbar und beeinflussbar ist. Im Wesentlichen kommt das auf den individuellen Ebenen „Verstehen“, „Handeln“ und „Sinngebung“ zum Ausdruck:
- auf der Verstehensebene, dass die Ereignisse der inneren und äußeren Welt als geordnet, vorhersehbar und erklärbar und nicht als willkürlich, zufällig oder gar chaotisch wahrgenommen werden (Gefühl der Verstehbarkeit von Leben und Welt),
- auf der Bewältigungsebene die Überzeugung, dass Schwierigkeiten lösbar sind und geeignete Ressourcen verfügbar sind, die benötigt werden, um die Anforderungen angemessen zu handhaben (Gefühl der Handhabbarkeit von Anforderungen),
- auf der Sinnebene, dass das Leben emotional sinnvoll erlebt wird und die erfahrenen Probleme und Anforderungen es wert sind, sich dafür ernsthaft anzustrengen und zu engagieren (Gefühl der Sinnhaftigkeit, Bedeutsamkeit von Leben).
Oder einfacher gesagt: Das Kohärenzgefühl bewirkt, dass wir mit den täglichen Belastungen – wie auch mit schweren Traumata menschlichen Lebens – in einer uns eigenen Weise umgehen.
Spannende Zahlen die Jan Oude-Aost erzählt: Eine psychische Behandlung ist immer noch mit einem Stigma versehen. 4 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Depression – im Laufe eines Jahres daran zu erkranken liegt bei 25 % , innerhalb eines Lebens bei sogar 50 %!
Mini-Vita des Referenten: Dr. Jan Oude-Aost hat nach seiner Ausbildung zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger noch ein Medizinstudium (Humanmedizin) angehängt und arbeitet seit knapp 3 Jahren in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Dresden.
Weitere interessante Artikel von ihm findet man auf seinem Blog „diaphanoskopie“ bei wordpress: https://diaphanoskopie.wordpress.com/
Einstellungen zur Evolutionstheorie und Gläubigkeit – Anna Beniermann
Mini-Vita der Referentin: Anna Beniermann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biologiedidaktik der JLU Gießen. Sie studiert im Masterstudiengang Biologie mit dem Schwerpunkt Evolutionsbiologie, Philosophie und Chemie und schreibt ihre Masterarbeit zum oben genannten Thema.
Eine spannende Tagung geht zu Ende – es gab viele interessante und unterschiedliche Vorträge, die diese Konferenz wirklich sehr abwechslungsreich gestaltet haben und ich würde mir wünschen, dass sich dies auch in die nächsten Konferenzen weiter durchzieht.
Ich habe viele interessante Menschen kennenlernen dürfen und freue mich schon auf 2016, wenn die nächste Skepkon vom 05.-07. Mai in Hamburg zu Gast sein wird!